Zukunftsmut

Zukunftsmut
Zukunftsmut | Bildquelle: Eigene
audio-thumbnail
E2 Zukunftsmut
0:00
/61:18

»Nun, es könnte wahrscheinlich auch anders sein.« Diese Worte aus dem in der letzten Folge zitierten Jahrhundertroman »Der Mann ohne Eigenschaften« von Robert Musil klangen für Stephie noch lange nach. Sie stellte fest: Die Sehnsucht nach Transformation allein reicht nicht aus. Es braucht auch den Mut, ihr zu begegnen. Wir brauchen Zukunftsmut

In diesem Sinne schließt das Thema dieser Episode nahtlos an die Transformationssehnsucht an. Zukunftsmut stellt sogar eine notwenige Ergänzung dar, wie Lars mit Rückgriff auf Reinhard Pfriems Aphorismus vom »Können wollen und wollen können« veranschaulicht: Der Wunsch, Veränderung herbeizuführen – also die Sehnsucht nach Transformation – muss gekonnt sein. Sie erfordert Kompetenzen der Vorstellungskraft und Imaginationsfähigkeit. Im gleichen Zuge müssen wir den Willen aufbringen, trotz aller Unsicherheiten tatsächlich ins Handeln zu gelangen, uns und andere dazu befähigen, transformativ tätig zu werden. Nur so kann Zukunft bereits im Jetzt gestaltet werden. Aber dazu bedarf es eben Mut, Zukunftsmut. 

Der Blick in die Vergangenheit zeigt, dass ein großes Maß an Zukunftsmut heute dringlicher denn je ist. Denn hätten wir bereits in den 1970er-Jahren »Die Grenzen des Wachstums« ernst genommen, wären der Rahmen unserer Möglichkeiten heute nicht so eng gefasst. Wir würden freier und selbstbestimmter leben. Stattdessen aber wurden die Wissenschaftler:innen, die vor den verheerenden Folgen der Klimakrise gewarnt haben, als Alarmist:innen und Aktivist:innen diffamiert. Aus der Fülle an Evidenzen wurden keine Konsequenzen gezogen. Dies war sicherlich auch der Fall, weil sich abstrakte Informationen leicht verdrängen lassen, aber in erster Line, weil es viel Mut braucht, bekannte Praktiken aufzubrechen und sich in neuen Formen des Wirtschaftens auszuprobieren, so Stephie und Lars. 

Häufig werde in diesem Zusammenhang postuliert, dass der Mensch ein Gewohnheitstier sei. Auch wenn solche Pauschalaussagen kritisch zu hinterfragen sind, hat diese Einsicht einen wahren Kern: Soziale Systeme sind träge. Sie tendieren dazu, sich in Mustern zu reproduzieren und brauchen sogar ein gewisses Maß an Kontinuität. Denn soziale Systeme haben eine ordnungs- und orientierungsgebende Funktion. Ja, vielleicht ist diese Tendenz zum Konservativismus ein Grund dafür, dass größere Veränderungen erst einmal auf Widerstände stoßen. Doch gleichzeitig steht außer Frage, dass wir angesichts der sich rasanten zuspitzenden Klimakrise nicht irgendwann, sondern jetzt handeln müssen. 

Jetzt zu handeln – In einer dynamischen Welt und unter Bedingungen von Ungewissheit –, das verlangt nach einem anpassungsfähigen und reflektierten Modus der Gestaltung. Wir müssen tatkräftig mit Neugierde und Experimentiergeist neue Praktiken des Wirtschaftens erproben, immer in dem Bewusstsein, dass unser Wissen nur vorläufigen Geltungsanspruch hat, so die beiden. Dieser Prozess zeichnet sich durch stetiges Lernen und fortlaufendes Nachjustieren aus. Trotz und wegen aller Pluralität: Wir als Gesellschaft müssen den Mut aufbringen, uns mehr als bislang zu hinterfragen. Ohne Zukunftsmut ist Transformation wohl kaum zu haben. 

Eins ist sicher: Es stehen uns weitreichende Veränderungen bevor, mit und ohne unser Zutun. Die Klimakrise ist bereits heute schmerzhafte Realität und spitzt sich fortlaufend zu. Gerade deshalb dürfen wir nicht in Schwarzmalerei verfallen, egal wie aussichtslos ihre Bewältigung auch erscheinen mag. Wie wir vor diesen großen Herausforderungen nicht resignieren und mit Mut und Zuversicht zu einer besseren Zukunft gelangen, darüber diskutieren Stephie und Lars in dieser Folge des Podcasts lautdenken.

– Levi Hepp